Andreas Peters ist Geschäftsführer von Valtech Mobility, einem Joint Venture der Digitalagentur Valtech und Audi Electronics Venture (AEV). Im Gespräch erzählt er von neuen Lösungen für das Connected Car und der Herausforderung, Plattformen für Automobilhersteller und digitale Services für Verbraucher zu entwickeln, die weltweit zuverlässig funktionieren.
Andreas Peters
Geschäftsführer Valtech Mobility
Mit der Elektromobilität und dem autonomen Fahren ist die Vernetzung Kernbestandteil des Automobils geworden. Können Sie erläutern, welche Rolle Valtech Mobility in diesem Umfeld spielt?
Gerne, um es auf einem Satz zu reduzieren: Wir entwerfen und realisieren digitale Services rund ums vernetzte Fahrzeug und bringen diese auf die Straßen.
Wenn Sie wissen wollen, wann die Ampel, auf die Sie gerade zufahren, ihre nächste Grünphase hat, sich erkundigen wollen, ob ihr favorisiertes Parkhaus noch freie Plätze hat oder wenn Sie beim Tanken beziehungsweise Laden nicht immer wieder ihre PIN eingeben möchten, benötigen Sie Apps, die diese Aufgaben für Sie übernehmen – und idealerweise aus dem Fahrzeug heraus einfach bedienbar sind. Dem Großteil dieser Dienste ist gemein, dass sich der jeweilige Anwendungsfall zwar einfach beschreiben lässt, die Realisierung jedoch eine Menge technischer und gestalterischer Herausforderungen birgt. Hier kommen wir ins Spiel. Neben einer Vielzahl solcher Dienste haben wir eine Backendplattform gebaut, die die letzte Meile ins Fahrzeug managt. Diese sorgt unter anderem dafür, dass der Kunde seine Dienste im Fahrzeug sicher und zuverlässig nutzen kann.
Nur weil man einen Dienst technisch umsetzen kann, ist er noch lange nicht sinnvoll.
Was zeichnet solche Lösungen idealerweise aus?
Entscheidend für die Akzeptanz solcher Online-Dienste ist, neben deren Verlässlichkeit, vor allem die User Experience. Gute Produktgestaltung ist immer einfach, das heißt die Dienste müssen intuitiv bedienbar sein und echten Mehrwert bringen. Dies ist auch der Grund, warum wir neben unseren Technologie- und Dataexperten zusätzlich Businessconsultants und ein starkes Designteam aufgebaut haben. Bei uns gibt es die komplette Lösung aus einer Hand.
Eine Ihrer Kernreferenzen ist die Plattformentwicklung und -integration für solche Services. Können Sie diese Kompetenz näher beschreiben?
Eigentlich sollten wir über die Plattform gar nicht reden. Wenn alles läuft, bekommen die Nutzer von ihr nichts mit. Die Plattform sorgt dafür, dass verschiedene Automobilhersteller ihren Kunden überhaupt – abhängig von deren Präferenzen und ihren Fahrzeugausstattungen – marktspezifische Services bereitstellen können. Sie bildet sozusagen ein Ecosystem für Online-Funktionen im Fahrzeug. Im Detail ist das eine sehr komplexe Aufgabe. Und wir sind schon ein wenig stolz darauf, diese in den letzten zehn Jahren für einen der größten Automobilhersteller weltweit gemeistert zu haben.
Vor welchen Herausforderungen steht man, wenn man eine erfolgreiche Plattform für die Autoindustrie entwickelt?
Ein Aspekt ist, dass die Plattform weltweit ausrollbar sein muss. In Europa brauchen die Hersteller andere marktspezifische Angebote als in China oder Nordamerika. Weitere Qualitätsmerkmale sind die Skalierbarkeit und die Prozessintegration in die Konzerne selbst. Die Dienste auf der Plattform müssen nicht nur für ein paar Tausend Autos funktionieren, sondern für mehrere Millionen von Fahrzeugen, eine Vielzahl von Konzernmarken und unterschiedliche Devices, wie Smartphones, PCs undsoweiter. Des Weiteren muss die Plattform offen für die Umsetzung neuer innovativer Mobilitätskonzepte sein, das heißt in gewissem Sinne „Businessmodellagnostisch“.
Sie sprachen über Services – können Sie die noch näher erläutern und worauf kommt es in der Entwicklung an?
Eine zentrale Frage ist, was braucht der Passagier während der Fahrt wirklich und welche Lösungen können wir ihm dabei bieten? Nur weil man einen Dienst technisch umsetzen kann, ist er noch lange nicht sinnvoll. Wesentlich ist es aus unserer Sicht, die Dienste als „Produkt“ ganzheitlich zu denken. Das bedeutet, dass alle Aspekte – von Produktidee über Design, Wirtschaftlichkeitsbetrachtung bis hin zur technischen Umsetzung und dem Rollout – gleichermaßen berücksichtigt und adressiert werden. Wir verstehen uns, wenn man so möchte, als Manufaktur für digitale Mobilitätsservices.
Sie arbeiten seit 2009 mit Audi zusammen, nun auch im Joint Venture. Können Sie Beispiele für gemeinsame Projekte geben?
In den USA können Käufer des Audi A4 oder Audi Q7 das „Audi Traffic Light Information System“ bestellen. Es kennt die Grün- und Rotphasen von Ampeln und errechnet die optimale Geschwindigkeit für effizienten Verkehrsfluss. Im Projekt arbeitete Audi mit Valtech Mobility und Traffic Technology Services (TTS) zusammen. TTS bereitet die Rohdaten der städtischen Verkehrsmanagement-Zentralen auf und übermittelt sie an das von Valtech Mobility entwickelte Backend des V2I-Services. Von dort gelangen die Informationen via Internet ins Auto.
Ein anderes Beispiel ist der e-tron. Damit entwickelte Audi sein erstes vollelektrisches Serienfahrzeug. Ladeequipment und -dienste sollten nicht in der Wallbox implementiert werden, sondern im Ladekabel. So ist es möglich, die intelligenten Ladefunktionen unabhängig vom Ladeort zu verwenden. Durch „Over-the-Air“-Updates kann Audi das Diensteportfolio ständig erweitern. Das E-Mob-Backend wird nicht intern, sondern von Valtech Mobility als Managed Service gehostet und betrieben.