Enno Däneke
Enno Däneke leitete zahlreiche Zukunftsstudien, u.a. zur Zukunft der Logistik-Dienstleistungen, der Zukunft der Mobilität sowie der Zukunft von Arbeit und Management.
Herr Däneke, was sind die Logistiktrends der Zukunft?
„Logistik“ ist ein komplexes und vielfältiges Feld. Daher wird auch die Zukunft der Logistik von einer Vielzahl technologischer und gesellschaftlich-wirtschaftlicher Trends geprägt werden. Da sind zunächst die weiter fortschreitende Globalisierung und die Verschiebung der wirtschaftlichen Kraftzentren in aufstrebende Wirtschaftsräume zu nennen, die wir in den kommenden Jahren und Jahrzehnten weiter erwarten dürfen. Zusammen mit dem fortgesetzten Siegeszug des E-Business lassen diese Trends den Markt für Transportdienstleistungen überproportional wachsen. Gleichzeitig werden globale Wertschöpfungsnetzwerke aber auch immer komplexer und damit anfälliger für Störungen.
Welche Bedeutung haben die Klimaziele?
Vor allem in Europa sind diese ebenfalls eine große Herausforderung für die Logistikbranche, denn sie muss gleichzeitig ihre Leistungen erhöhen und ihre Emissionen absolut senken. Der technische Fortschritt schafft aber auch völlig neue Möglichkeiten, dies zu erreichen. Das gilt vor allem für die Informatisierung und Digitalisierung der Logistik. Ich bin überzeugt, dass wir in den kommenden Jahren mehr Innovationen sehen werden, sowohl bei den Transportmitteln als auch in der Informationstechnologie. Nicht nur technische Neuerungen sind denkbar. Gerade auch in veränderten und neuen Geschäftsmodellen liegt ein großes Potenzial. Die Innovationen werden sich unter anderem in den Feldern Green Logistics, Smart Logistics und City Logistics abspielen.
Wie lassen sich mit intelligenten Infrastrukturen Logistikprozesse optimieren?
Der Einsatz von Informationstechnologie, insbesondere von Maschine-zu-Maschine-Kommunikation (M2M), ermöglicht ein Echtzeit-Monitoring und die exakte Prognose von Lagerbeständen. Verkehrsströme und Lieferprozesse können optimiert werden. Studien sehen die Zahl der M2M-fähigen Geräte weltweit von 1,3 Milliarden im vergangenen Jahr bis 2020 auf über 12 Milliarden steigen. Wir werden dann also deutlich mehr autonom kommunizierende Maschinen auf unserem Planeten haben als Menschen. Zahlreiche Anwendungsfelder hierfür werden in der Logistik liegen.
Nutzfahrzeuge werden in Zukunft nahtlos in smarte Infrastrukturen integriert sein. Das beginnt mit einfachen Tracking-Systemen, kann aber auch weit darüber hinausgehen. Echtzeit-Monitoring wird für viele Güter zum Standard werden. Intelligente Infrastrukturen werden nicht nur die Sicherheit der Fahrzeuge erhöhen, sondern auch dazu beitragen, die Kosten der Logistikunternehmen deutlich zu senken. Leerfahrten zum Beispiel können auf ein absolutes Minimum reduziert werden.
Wachsende Weltwirtschaft hat auch ein wachsendes Gütertransportaufkommen zur Folge. Wie lässt sich dieses mit smarter Logistik besser handeln?
Die Transportmengen werden steigen, da der Bedarf wächst. Das ändert auch smartere Logistik nicht grundsätzlich. Sie ist in Zukunft aber Voraussetzung dafür, den steigenden Bedarf wirtschaftlicher und ressourcenschonender zu bedienen. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei die bessere Auslastung durch viel präzisere Bedarfsprognosen. Eine bessere Vernetzung der verschiedenen Transportmodi und die Förderung der Kooperation konkurrierender Anbieter sind weitere Aspekte.
Welche Effizienzsteigerungspotenziale sind durch Smart Logistics zu erzielen?
Sie lassen sich zwar nicht exakt beziffern, da die Ausgangslage je nach Unternehmen und Segment sehr unterschiedlich ist. Die Potenziale sind aber signifikant. Sie liegen vor allem in der Reduktion von Leerfahrten, effizienterer Nutzung von Verkehrsflächen, Bündelung von Transporten, gesenkten Warenbeständen, kürzeren Transport- und Lieferzeiten, höherer Transparenz und schließlich schnelleren und besseren Entscheidungen.
Wie sehen City Logistics der Zukunft aus?
Seit dem Jahr 2007 leben weltweit mehr Menschen in den Städten als auf dem Land. Dieser Urbanisierungsprozess setzt sich in den kommenden Jahrzehnten weiter fort. Die Verkehrsinfrastruktur kollabiert bereits in einigen Megacities und steht in vielen kurz davor. Hinzu kommt, dass gerade in Städten besonders strenge Umweltauflagen eingeführt beziehungsweise ausgebaut werden dürften. Es sind also neue Ansätze gefragt.
Eine Idee sind hier Konsolidierungszentren an den Stadträndern. Von ihnen könnten speziell für den Stadtverkehr gestaltete Fahrzeuge die Städte versorgen. Entlastung könnte aber auch von anderer Seite kommen. Im Zuge der sogenannten Industrie 4.0 wird diskutiert, Produktionsanlagen wieder stärker in die Wohngebiete zu verlagern. Durch die Kombination von smarter Produktion und leistungsfähiger Umwelttechnologie soll dies völlig ohne Beeinträchtigung der Lebensqualität im Stadtquartier möglich sein.
Wo sehen Sie Smart Logistics in zehn Jahren?
Die Intelligenz der Systeme wird sich vervielfacht haben. Es werden neue Kooperations- und Geschäftsmodelle entstehen, die sehr viel stärker auf individuelle und kurzfristige Kundenwünsche zugeschnitten sind.