Skip to main content
Home » ENERGIEWENDE » Über die „Kellner“ der Energiewende
Sponsored

Datenportale sind ein wesentlicher Baustein der Energiewende– von IT-Experten ist eher Handwerk als Genialität gefordert.

Wenn die Energiewende gelingen soll, dann wegen der Energie, und nicht wegen der IT.  Zweifelsohne liefern die heutige Informationstechnik und zahlreichen IT-Lösungsanbieter eine Reihe wichtiger und auch zentraler Werkzeuge. Ihre Rolle ist aber eine dienende. Kellner, nicht Koch und auch nicht Restaurantleiter. Dabei ist das Selbstbild mancher Softwarelieferanten sehr deutlich geprägt vom Glauben an die eigene Kreativität und Brillanz. Das Bestreben, einen vorgegebenen komplexen Prozess ordentlich und warm in Datenstrukturen (auf den Teller) und zum Arbeitsplatz (auf den Esstisch) zu kriegen, steht nicht immer im Vordergrund.

Klemens Gutmann

Mitbegründer und Vorstand von regiocom SE.

Andererseits haben die „Kellner der Energiewende“ inzwischen ein ganz passables Umfeld an Informationsdiensten und Portalen geschaffen, mit denen der Umgang mit dem volatilen Energieertrag und dem Energiebezug besser geplant und organisiert werden kann:

·     Mit smard.de haben die Bundesnetzagentur und ihre Softwarepartner eine sehr weitreichende Transparenz der Stromerzeugung, des Strommixes und des Stromhandels geschaffen. Die Zahlen sind immer aktuell, viertelstundengenau, gleichzeitig aber auch für das gesamte vergangene Jahrzehnt und z.T. vorher verfügbar. Mit guten Online-Auswertefunktionen und umfangreichen Export- und Download-Möglichkeiten hat die BNetzA hier die Latte ziemlich hoch gelegt.

Anzeige

·     Die Wetterdaten, die zur Planung des Ertrages aus Windrädern und größeren Photovoltaikanlagen notwendig sind, werden als Open Data – also gratis – vom Deutschen Wetterdienst angeboten. Für ein angemessenes Aufgeld buchen aber viele Anlagen- und Netzbetreiber die aufbereiteten Varianten aus dem kommerziellen Markt, die als Webservice recht einfach in bestehende Energiemanagement- und -beschaffungssysteme eingebunden werden können. Und natürlich beeinflusst das Wetter auch die Verbrauchsprognose, ein wachsender Anteil des Stroms fließt ja Kühlung und Heizung.

·     Die Lastprofile: Hinsichtlich der Planbarkeit führen Smart Meter zu einer „Erstverschlimmerung“: wo früher die in ganz Deutschland genutzten Standardlastprofile alle Haushaltsvarianten und kleinen Gewerbe abdeckten, stehen die Stromlieferanten bei allen Smart Meter-Kunden wieder am Anfang. Der Zähler ist neu gesetzt, es gibt praktisch keine historischen Verbrauchsdaten, die alten Profile zählen nicht mehr viel. Aber auch hier gibt es die „Prognose aus dem Netz“, bei der IT-Dienstleister das individuelle Lastprofil innerhalb weniger Monate oder sogar Wochen mithilfe lernender Systeme prognosefähig machen.

·     Geodaten: Die hauseigene Photovoltaikanlage ist der „Mitmacher“ bei der Energiewende. Ein zügiger Auf­wuchs wird auch ermöglicht durch Geodatenportale mit präzisen und aktuellen Daten. Dass dabei die Gestaltung der Terrasse und die Größe des Komposthaufens aus Datenschutzgründen ausge­blendet werden, ist selbstverständlich. Dass die Anbieter aber gezielt die Dachausrichtung und Dachneigung einsehen können, ebenso unumgänglich. Das spart allen Beteiligten Zeit und Geld.

·     Einspeiserdaten: Das Marktstammdatenregister (MaStR) der Bundesnetzagentur, für das mein Unternehmen die Software entwickelt hat, ist der jüngste Schritt zu „Open Data“ für die Energiewende. Erstmals entsteht eine vollständige digitale Landkarte sämtlicher Stromeinspeiser, von ganz klein bis ganz groß. Auch hier gilt: Datenschutz bei gleichzeitiger Transparenz. Und auch hier gibt es für alle registrierten Nutzer umfangreiche Auswerte- und Downloadfunktionen. Viele Institute, Beratungs- und Planungsunternehmen sowie die Netzbetreiber selbst nutzen diesen Dienst.

·     Anschlussinformation: der aktuelle §14e des Energiewirtschaftsgesetzes fordert von den Netzbetreibern ab 2023 ein gemeinsames Portal für die sogenannten Netzanschlussbegehren und für Informationen über den Netzausbau. Damit wird der Bau- und Anschlussprozess einfacher und transparenter, vor allem für die vielen hunderttausend kleinen und mittleren Anlagen, die jährlich in Deutschland neu entstehen sollen.

Anzeige


Innerhalb von zehn Jahren hat das Angebot an umfassenden (oft auch verifizierten!) Daten und digitalen Auskünften zur dezentralen Energieerzeugung massiv zugenommen. Für kleine Nutzer vielfach gratis, für professionelle Nutzer bezahlbar und meist gut an bestehende IT-System anzubinden. Ob das ausreicht, die Dezentralisierung der Energieerzeugung wirklich zu beschleunigen, sei dahingestellt. Ein gesundes Maß an Skepsis ist für Ingenieure immer angebracht. Eines haben die genannten Beispiele aber in bemerkenswertem Umfang erreicht: Transparenz über viele wichtige Parameter der Energieerzeugung und -verteilung. Transparenz über die Gewichtung der Energieträger, ihr tatsächlicher Beitrag in jeder Viertelstunde des Jahres, die Preise zu jedem Zeitpunkt, die Stabilität des europäischen Netzverbundes und die Analysen dazu, wenn es mal eng wurde.

Nachhaltige Optimierung benötigt Transparenz. Wenn alle, also die großen Energiesenken und Infrastruktur­träger ebenso wie jeder einzelne Haushalt an der Energiewende mitwirken sollen und ihre CO2-Bilanz optimieren, dann benötigt das Transparenz. Und die ist im deutschen Energiesystem inzwischen auf einem erkennbar hohen Niveau: initiiert oft durch staatliche Signale. Pilotiert durch Projekte und durch wissenschaftliche Einrichtun­gen. Umgesetzt und betrieben durch engagierte Softwareunternehmen und IT-Dienstleister.

Womit wir wieder bei den oben Gescholtenen wären – bei der IT-Branche. Im Service, also als Kellner, hat sie dann doch ziemlich weit gebracht. Ob das dem Ego in ausreichendem Masse schmeichelt? Jeder Kellner aber weiß: es gibt eine Zukunft als Weinkellner, als Sommelier. Und da ist der große Auftritt gesichert.

Über regiocom

Die Magdeburger sind der größte inhabergeführte IT- und Servicedienstleister für die Energiewirtschaft. Im regiocomLAB bauen Entwickler die „Werkzeuge für die Energiewende“ (u. a. zur Stromverbrauchsprognose, zur Prüfung der EEG-Umlage und zum Regulierungsmanagement). www.regiocom.com

Next article