An der Hochschule Ulm arbeitet man daran, wie Implantate mit moderner Mikroelektronik ausgestattet, den Heilungsverlauf überwachen könnten.
Winkelstabile Frakturplatten
Bei der operativen Versorgung von Knochenbrüchen (Osteosynthese) verwendet man in der Regel Titanplatten, die dafür sorgen, den gebrochenen Knochen in seiner optimalen Position zu fixieren.
Seit ein paar Jahren kommen winkelstabile Osteosynthesesysteme zum Einsatz. Dabei gehen der Kopf der Implantatschraube und das Plattenloch eine feste Gewindeverbindung ein. Die Verschraubung durch den Chirurgen kann je nach System entweder in eine festgelegte oder frei wählbare Richtung erfolgen.
„Die winkelstabile Verbindung zwischen Schraube und Platte erlaubt eine nachhaltig stabile Kraftübertragung zwischen Knochen und Implantatsystem. Die Gefahr, dass sich das Implantat später lockert, kann so wesentlich reduziert werden“, erklärt Prof. Dr. Felix Capanni, Prodekan der Fakultät Mechatronik und Medizintechnik der Hochschule Ulm. „Diese Implantate eignen sich besonders gut bei gelenknahen Frakturen oder schlechter Knochenqualität“, so Prof. Capanni.
Implantate mit Sensoren
Neuartige Systeme setzen Sensoren ein, um die Belastung am Implantat zu messen. „Winkelstabile Systeme sind die Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit eines mit Sensoren bestückten Implantats“, führt Professor Capanni weiter aus, „denn die verlässliche Kraftübertragung dank der festen Verbindung sorgt ihrerseits für ein verlässliches Sensorsignal.“
Platten, die mit moderner Mikroelektronik ausgestattet sind und deren Belastung telemetrisch gemessen werden kann, sind bereits in Erprobung. Das Institut für Medizintechnik der Hochschule Ulm arbeitet derzeit an der Entwicklung eines mikroelektronischen Implantats mit passiven Bauelementen, die eine Miniaturisierung und so die Versorgung kleiner Knochen erlaubt.
Oberflächenwellensensoren
„Durch Bewegungen und Kontraktionen der Muskulatur wird eine Belastung des Frakturgebietes hervorgerufen, die zu einer Deformation des Implantats führt. Diese Deformation soll durch eine entsprechende Sensorik detektiert werden“, beschreibt Capanni. „Der von uns verwendete Sensor ist ein rein passives Bauelement, das ohne eigene Spannungsversorgung auskommt.“
Das Messprinzip basiert auf der Ausbreitungsgeschwindigkeit der akustischen Oberflächenwelle. Ein von außerhalb des Körpers auf die Sensorantenne gesendetes Abfragesignal ändert sein entsprechendes Antwortsignal, wenn durch die Belastung eine Implantatverformung hervorgerufen wird.
Ziel ist ein kontinuierliches Monitoring des Heilungsverlaufs in Echtzeit, wobei die Daten beispielsweise auf ein Smartphone übertragen und gespeichert werden. Auf diese Weise kann der Patient zu jeder Zeit bei Überlastung des Implantats rechtzeitig akustisch oder visuell gewarnt werden und sein Verhalten entsprechend anpassen.