Dr. Andreas Mattner
Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA)
Das Thema ist nicht neu, und von seiner herausragenden Bedeutung kann definitiv niemand überrascht sein. Die aktuellen Krisen führen noch einmal dramatisch vor Augen: Es braucht mehr Nachhaltigkeit. Dringend. Auch die Immobilienwirtschaft muss und will dazu einen entscheidenden Beitrag leisten. Eine möglichst breit gefasste Palette an Baustoffen eröffnet hier größtmögliche Chancen. Holz spielt in diesem Prozess eine Schlüsselrolle. Der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber, der vor wenigen Wochen Gast bei einer Abendveranstaltung des ZIA war, hat errechnet, dass die Errichtung eines Einfamilienhauses aus Massivholz den CO2-Ausstoß von 100 Interkontinentalflügen kompensiert – 100-mal Berlin–New York hin und zurück. Der Gründer und frühere Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung hält die „Demineralisierung der Bauwirtschaft“ für einen entscheidenden Faktor, um dem Klimawandel kraftvoll etwas entgegenzusetzen. Holz kann in dem Gesamtprozess eine zentrale Aufgabe erfüllen. Mit der erkennbaren Zuspitzung des Klimawandels gewinnt Holz für die Zukunft der Immobilien an Bedeutung – als nachwachsender Rohstoff und als dauerhafter Speicher von Kohlenstoff. Die verstärkte Berücksichtigung von Holz beim Bauen bedeutet eine Stärkung des Cradle-to-Cradle-Prinzips, vom Ursprung zum Ursprung. Das kann auch zum Beschleuniger der Stadtentwicklung werden, weil dieses Prinzip politisch starke Fürsprecherinnen und Fürsprecher hat. Der Baustoff Holz taugt als Türöffner. Denn wenn sich Bauen am Lebenszyklus orientiert, erscheint auch der Verbrauch neuer Flächen verschmerzbar. Bei alledem gilt: Auch konventionelle Baustoffe, hergestellt mit erneuerbaren Energien, bleiben wichtig – so beispielsweise CO2-neutraler Stahl und Beton. Gelingt es hier, bestehende bürokratische Hemmnisse zu beseitigen, dann eröffnet das den Weg für eine breiter angelegte Nachhaltigkeit. Deshalb sollte auch in diese Richtung verstärkt geforscht werden. Pilotprojekte und weitergehende Untersuchungen zur Wiederverwertbarkeit und Verlängerung des Lebenszyklus von Baustoffen in der ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft sollten gefördert werden. Um die Rohstoffversorgung breit abzusichern, braucht es CO2-Neutralität, Nachhaltigkeit und Bezahlbarkeit. Professor Schellnhuber bewertet die Gesamtherausforderung so: „Ohne die Transformation der gebauten Umwelt werden alle Klimaabkommen scheitern.“ Die Immobilienwirtschaft stellt sich dieser Verantwortung.