Der Klimawandel ist da. Die Auswirkungen sind für uns alle zu spüren, nicht zuletzt durch Starkwetterereignisse wie Hitze und Starkregen. Wir müssen uns deshalb die Frage stellen, wie wir uns als Wirtschaftszweig, aber auch unsere Infrastrukturen nachhaltig entwickeln, Ressourcen schonen und CO2-Emissionen einsparen.
Tim-Oliver Müller
Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutsche Bauindustrie
Für uns als Bauindustrie bedeutet dies, Lösungen zu präsentieren, um Gebäude- und Verkehrsinfrastrukturen gleichzeitig klimaresilient und klimaschonend zu planen und zu bauen. Aufgrund knapper Flächen und zunehmender Versiegelung muss dabei zuallererst ein effizientes, nachhaltiges, teilweise auf Mehrfachnutzung angelegtes Flächenmanagement erfolgen. Hierzu gehört das Bauen in die Höhe und die Nachverdichtung ebenso wie die Nutzung von Fassaden, Straßenflächen oder Lärmschutzwänden für die Energiegewinnung, Senkung von Temperaturen in den Innenstädten oder zur Luftreinhaltung.Zweitens müssen ganzheitliche Entwicklungskonzepte für unsere Arbeits- und Lebenswelten das Thema Resilienz in den Mittelpunkt stellen und teilweise auch neue Bauwerke, wie etwa für den Hochwasserschutz, beinhalten. Denn klar ist: Extremwetterereignisse nehmen zu und wir müssen trotz aller Verhinderungsbemühungen Wege finden, mit ihnen umzugehen. Parallel zu diesen und weiteren Resilienzansätzen muss der aktive Klimaschutz in den Blick genommen werden. Unser Ziel und die Gesamtverantwortung der Gesellschaft müssen lauten: Einsparung von CO2-Emissionen. Die Bauindustrie bekennt sich klar zu den Klimaschutzzielen im Gebäudesektor, der rund 40 Prozent aller CO2-Emissionen bundesweit emittiert. Auch wenn wir als Bauindustrie nur einen Bruchteil dieser Emissionen selbst verantworten, können wir dem Gebäudesektor und auch anderen Sektoren helfen, ihre Emissionen langfristig zu senken. Die Bauindustrie ist damit eine Schlüsselbranche für den Klimaschutz, der enorme Bauaufgaben mit sich bringt. Doch wie gelingt nach-haltiges Bauen in der Praxis und welche Rahmenbedingungen müssen dafür geschaffen werden? Technisch sind wir bereits heute in der Lage, klimaschonend zu bauen. Doch wir sind auf einen Auftraggeber angewiesen, der diese Potenziale abruft und beauftragt. Gerade die öffentliche Hand nutzt dieses Potenzial bisher noch zu wenig. In fast allen öffentlichen Ausschreibungen zählt ausschließlich der Preis und nicht die beste Idee. Um dies zu ändern, braucht es einerseits Vergabekriterien, die eine Bewertung der nachhaltigsten und wirtschaftlichsten Idee transparent und nachvollziehbar möglich machen. Andererseits sollten bei Projektvergaben Emissionen über alle Phasen berücksichtigt werden. Die Digitalisierung von Prozessen um und auf der Baustelle bildet dabei die Klammer. Durch sie kann endlich die Trennung von Planung und Bau in Deutschland aufgelöst und allen Projektbeteiligten, vom Auftraggeber über die Planer bis zur Bauindustrie, eine kooperative Zusammenarbeit in einem Data-Room ermöglicht werden. Projektdatentransparenz, ein effizientes Schnittstellenmanagement sowie das Erreichen eines gemeinsamen Projektziels wären endlich möglich. Und auch das nachhaltige Bauen profitiert davon, denn jeder bringt sein Know-how über die Verwendung von Materialien, über einen effizienten Bauablauf bis hin zu einem klimaschonenden Bauwerkebetrieb bereits in die Planung. Kurzum: Um all die guten Ideen der Bauindustrie für mehr Klimaschutz in die Projekte zu bringen, brauchen wir ein neues Denken bei allen Beteiligten, frühzeitige Kooperation in der Planung und einen technologieoffenen Wettbewerb um die besten Ideen!