Der mangelnde Wille zur Digitalisierung vieler gesellschaftlicher Bereiche in Deutschland wird zurecht oft beklagt. Gerade für die Produktion trifft diese Feststellung jedoch nicht zu.
Alexander Rabe
Geschäftsführer von eco – Verband der Internetwirtschaft e. V.
Im Gegenteil: Im internationalen Vergleich ist der deutsche Markt hoch entwickelt. Konsequent werden analoge Produktions- und Lieferprozesse digitalisiert, durch Vernetzung in der Produktion (Machine-to-Machine-Kommunikation, M2M) sowie ihre Weiterentwicklung zu Industrial IoT (Internet of Things) und Industrie 4.0. Die deutsche produzierende Industrie zählt im Bereich Industrial IoT zur Weltspitze. Das belegt die Studie „Der deutsche Industrial-IoT-Markt 2017–2022. Zahlen und Fakten“ von eco – Verband der Internetwirtschaft e. V. und Arthur D. Little.
Die Studie hat sechs wichtige Markttrends untersucht: Mit Industrial-IoT-Lösungen erhöhen Unternehmen beispielsweise ihre Flexibilität bis zur Auslieferung und machen sich mit As-a-Service-Geschäftsmodellen fit für die Zukunft. Sie stellen in einem globalisierten Wettbewerb die Weichen für weiteres wirtschaftliches Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit.
Fast jeder zweite Arbeitsplatz in Deutschland hängt an der Güterproduktion. Bereits seit den 1970er-Jahren werden Bedenken geäußert, Automatisierung gehe auf Kosten von Arbeitsplätzen und dem gesellschaftlichen Wohlstand. Das ist bisher nicht belegt, wie die Zahlen des Statistischen Bundesamtes und des VDMA glaubwürdig zeigen. Die Beschäftigtenzahl im Maschinenbau etwa ist seit 2005 in Deutschland vielmehr stetig gestiegen und lag 2017 mit über einer Million so hoch wie seit Anfang der 1990er-Jahre nicht mehr. Arbeit hat sich verändert und ist digitaler geworden, aber ist nicht weniger geworden.
Der deutsche Industrial-IoT-Markt wird sich in den fünf Jahren zwischen 2017 und 2022 mehr als verdoppeln auf dann circa 16,8 Milliarden Euro Umsatz. Insgesamt sieben Branchen hat die Studie untersucht. Die Automobilproduktion als heute bereits größtes Marktsegment wächst dabei am schnellsten mit über 20 Prozent pro Jahr, gefolgt vom Maschinen- und Anlagenbau mit 18,9 Prozent pro Jahr. Beide Segmente machen gemeinsam über 50 Prozent des gesamten Industrial-IoT-Marktes in Deutschland aus.
Digitalisierung ist in der Umbruchphase dennoch unbequem und bisweilen schmerzhaft. Industrial-IoT erfordert ein Neudenken zentraler Wertschöpfungsprozesse oder gar des gesamten Geschäftsmodells.
Grafik: Verband der Internetwirtschaft e. V.
Laut der von eco veröffentlichten Studie setzen sich Industrial-IoT-Lösungen aus rund 30 Kompetenzen zusammen. Kaum ein Unternehmen wird künftig noch in der Lage sein, alleine die gesamte Wertschöpfungskette abzudecken. Bei Industrial-IoT handelt es sich deshalb um ein Ökosystem-Geschäftsmodell. Industrieübergreifende Kooperationen sind darin zunehmend Grundvoraussetzung, um für Kunden relevante Services anbieten zu können.
Industrial-IoT ist wesentlich für den Erhalt und den Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen auf den Weltmärkten. Den digitalisierten Produktionsunternehmen bietet das enorme Potenziale, wenn sie ihre Stärken mit denen der Internetwirtschaft verbinden. Von der Digitalisierung profitiert so unsere gesamte Gesellschaft durch wachsenden Wohlstand.