Ein Gespräch mit Matthias Kratzsch, Geschäftsführer Technik bei IAV, über CO2-neutrale Mobilität, die Verkehrswende und das Berliner Antriebsstrangsymposium, ein Dialogforum, das Wirtschaft, Politik und Wissenschaft für Gespräche an einen Tisch holt.
Matthias Kratzsch
Geschäftsführer Technik, IAV
Vor welchen Herausforderungen stehen Unternehmen, die künftig ihren Anteil an einer CO2-neutralen Mobilität beisteuern möchten?
Die konkreten Herausforderungen sind für jeden Stakeholder individuell. Klar ist aber, dass sich Nachhaltigkeit zukünftig nicht mehr nur über den Kraftstoffverbrauch bemisst und Elektroenergie noch nicht klimaneutral ist. Hierzulande wie nahezu überall auf der Welt gelten bisher Flottenemissionsziele, die auf einer Tank-to-Wheel-Betrachtung beruhen. Das ist zu kurz gesprungen. Um den Weg in Richtung Klimaneutralität zu gehen, müssen wir die Primärenergie von fossilen Rohstoffen auf erneuerbare Quellen umstellen. Konkret heißt das: Die Verkehrswende ist ohne Energiewende nicht zu schaffen. Für die genaue Ausgestaltung gibt es allerdings Spielraum, und den besten Weg zur CO2-neutralen Mobilität zu finden, ist eine Herausforderung, vor der wir aktuell stehen.
Die Verkehrswende ist ohne Energiewende nicht zu schaffen.
Das bedeutet allerdings eine große Menge an Möglichkeiten. Wie gehen Sie bei IAV mit dieser Komplexität um?
Wir haben dafür eine durchgängige Methodik entwickelt, mit der wir von der globalen Ebene über die konkrete technische Auslegung von Antriebsstrangkonfigurationen bis auf die Komponentenebene arbeiten können. Auf der globalen Ebene werden dabei Mobilitätswirkketten mit ihren jeweiligen Sensitivitäten erfasst und daraus unterschiedliche Szenarien erzeugt sowie objektiv verglichen – wobei auch Infrastruktur und Kundenpräferenzen mit einbezogen werden. Damit können wir die Gesamtwirkung auf den Energiebedarf und die CO2-Emissionen aus dem Verkehr abschätzen. Zentrales Element ist dabei immer der Kunde, der sein Mobilitätskonzept innerhalb der verfügbaren Antriebe und Kraftstoffe beziehungsweise Energieträger auswählt. Für seine Fahrstrecken entscheidet er, womit er vorzugsweise mobil ist. Beispielsweise können damit auch Auswirkungen von Kaufanreizen oder Änderungen gesetzlicher Randbedingungen abgeschätzt werden. Davon ableitend kann die jeweils passende technische Umsetzung im Antriebsmix für Fahrzeugflotten ermittelt werden.
Am 3. und 4. Dezember 2019 veranstaltet IAV wieder sein Berliner Antriebsstrangsymposium. Was sind die Inhalte und Ziele dieses Dialogforums und wer nimmt teil?
Unser Ziel besteht darin, ein Dialogforum zwischen Politik und Wissenschaft zu schaffen – deshalb veranstalten wir das Symposium 2019 erstmals gemeinsam mit dem Verband der Automobilindustrie. Wichtig ist uns, den Dialog nicht nur zwischen Ministern und Vorständen zu führen, sondern auf den Ebenen, auf denen Gesetze und Investitionsentscheidungen vorbereitet werden. Für das Antriebsstrangsymposium konnten wir hochkarätige Sprecher gewinnen, darunter Christian Hochfeld (Direktor, Agora Verkehrswende), Prof. Dr. Henning Kagermann (Vorsitzender, Nationale Plattform „Zukunft der Mobilität“), Markus Schäfer (Vorstand Konzernforschung & Mercedes-Benz Car Entwicklung, Daimler) und Stefan Siegermund (Acting Head of Division Renewable Energies and Mobility, Deutsche Energie-Agentur, dena).